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Julia, Marilyn und die Bahia Belle

24 Aug

Bevor wir Los Angeles heute gen Süden verlassen, fahren wir nach dem Frühstück noch zum Farmers Market in Beverly Hills. Der Rodeo Drive liegt auf dem Weg, doch ich entscheide mich dagegen, hier aus dem Auto auszusteigen. Meine Kreditkarte fängt beim Anblick der Designerlabels schon nervös an zu zucken und, mal ehrlich, wie viel Spaß macht es, hier nur ZU GUCKEN?? Ich trage zwar weder bauchfrei noch hohe Lackstiefel und mir blieben hochnäsige Verkäuferinnenblicke und die eindringliche Aufforderung „Bitte gehen Sie!“ wahrscheinlich erspart, doch ich überlasse dieses edle Pflaster lieber den Gala-Titelmädchen und ihren Handtaschenhündchen.

Auf dem Farmers Market, Ecke 3rd Street und Fairfax Avenue, ist noch nicht viel los um diese Zeit. Zur Mittagspause hat man hier die Qual der Wahl, die Auslagen bersten vor kulinarischen Verheißungen aller Art. Direkt neben den Marktständen befindet sich die Shoppingmeile The Grove – eine sehr hübsch angelegte Fußgängerzone in eher europäischem Stil, durch die sich ein Bummel durchaus lohnt. Meine Blue Amex schlummert währenddessen tief im Dunkel meiner Tasche. Es wird noch genug zu tun geben für sie in diesem Urlaub.

Gegen 11 Uhr machen wir uns auf den Weg zum San Diego Freeway. Zweieinhalb Stunden später checken wir im Bahia Resort Mission Bay ein. Unser Motel liegt im künstlich angelegten Aquapark nördlich des Stadtzentrums und ist umgeben von Wasser und Stränden, die zum Glück weniger aufgeschüttet aussehen, als sie sind. Wir werfen unser Gepäck ab und fahren gleich weiter nach Coronado, eine Halbinsel mit einem so breiten Strand, dass wir das Meer am Horizont nur erahnen können. Zu besichtigen gibt es hier das berühmte Hotel del Coronado, in dem Marilyn Monroe und Jack Lemmon 1959 „Some like it hot“ drehten. Auf der Suche nach einem Stäubchen Glamour von damals streifen wir durch die Lobby und den Innenhof. Alles sehr pompös und gepflegt, der Flair des vergangenen Jahrhunderts scheint sich angesichts des hier herrschenden Getümmels jedoch woanders zu verstecken.

Es ist mittlerweile später Nachmittag und höchste Zeit für einen Lunch. Nur einen Steinwurf vom altehrwürdigen Hotel entfernt, kehren wir bei Miguel’s Cocina ein, genießen hausgemachte Limonade und überdimensionierte Portionen mexikanischen Essens, die uns mindestens für den Rest des Tages großzügigst mit Kalorien versorgen. Der Dreier-Mädelstisch neben uns bringt mich fast dazu, eine Strichliste auf meine Serviette zu kritzeln und festzuhalten, wie oft in ihrem lauten Geschnatter Sätze mit „I was like, you know…“, „Ooh, my god…“ und „This is soooo…“ vorkommen. Doch sehr wahrscheinlich hätte ich kaum noch Zeit zum Essen und für meine Enchiladas brauche ich beide Hände. Tom und ich tauschen vielsagende Blicke und unterhalten uns mit gedämpfter Stimme, während ich kurz mit der Tussi in mir Zwiesprache halte, die mir allerdings glaubhaft versichert, dass ICH und MEINE Mädels niemals derart penetrant die Umgebung mit sinnentleerten Worthülsen verpesten würden.

Über die eindrucksvolle San Diego – Coronado Bay Bridge fahren wir zurück in unser Resort und halten Siesta am Strand. Mit Blick auf die Achterbahn des Belmont Parks, von der ab und zu aufgeregtes Kreischen herüber weht, verdauen wir Tacos und Bohnen bewegungslos auf unserer Sonnenliege.

An weitere Nahrungsaufnahme ist für heute nicht mehr zu denken. Wir beschließen, die Fahrkarten für die Schiffstour mit der Bahia Belle zu benutzen, die wir beim Check-in bekommen haben. Um 19.30 Uhr legt der Schaufelraddampfer ab und nimmt Kurs auf das Schwesterhotel „The Catamaran“ im nördlichen Teil der Bucht. Wir genießen den Blick auf die Lichter der Küste vom Deck aus und lassen uns den Wind um die Nase wehen.

Man muss auch mal hemmungslos dazu stehen können, ein Tourist zu sein.